"intense repose" - Delugan Meissl Associates stellen aus.

Im Zumtobel Lichtforum in Dornbirn war bis 28.April 2006 eine Werksschau des Wiener Architekturbüros Delugan Meissl Associates zu sehen, die eigentlich als Einzelausstellung in der Berliner Architekturgalerie Aedes geplant war. "Think Big" dachte sich das ehrgeizige Team und gewann im Handstreich die Unterstützung des führenden Leuchtenherstellers, um daraus eine hoch professionelle / anspruchsvolle Wanderausstellung zu formen, die 2 Jahre lang durch Europa touren wird und seine avancierte Architektur in einer konzeptionellen Präsentation zu zeigen.

"intense repose"- "Intensive Ruhe" titeln Elke Delugan-Meissl und Roman Delugan ihre Werkschau mit Arbeiten und Projekten aus den Jahren 1998 bis 2009. Zu Recht, denn die Ausstellung in der 8m hohen, fensterlosen Halle auf dem Werksgelände präsentiert sich zwischen Produktpräsentationen gespannt, konzentriert und unerschütterlich. Im zentralen, 12 x 12m grossen Freiraum erstreckt sich ein riesiger, schwarz glänzender Ausstellungstisch. 8 x 8m im Quadrat, zum Boden konisch zusammenlaufend setzt er die scharfen Kanten seiner schwebenden Geometrie gegen den fensterlosen Raum. Aus diesem visuellen Nullzustand erhebt sich Licht in Form von weißen Textblöcken, scharf geschnittenen Liniaturen und interaktiven Computerscreens. Dazu finden sich auf und unter der riesigen Plexiglasfläche strahlend weiße Architekturminiaturen, die den oft komplexen Raumideen zu hochprssziser Form verhelfen. Das bei einigen angewandte Herstellungsverfahren der Laser-Sinterung, bei der sich kreuzende Laserstrahlen flüssigen Kunststoff aushärten, mag den Drang zur reinen Form verdeutlichen.

Nur wenig Raum bleibt den Betrachtern, die, schier körperlich bedrssngt durch Perfektion und undurchdringliche Abstraktion, den kulthaften Strahlkörper umstreichen. Rund 150 Vernissage-Besuchern, unter ihnen zahlreiche Vorarlberger Architekten, nahmen Maß an dieser Inszenierung, die zweifellos in die regionale Domssne von sssthetischer Prsszision vorstieß.

Der Inhalt der Prsssentation lässt jedoch jede formale Strenge weit hinter sich. Delugan-Meissl zeigen emotionalen Kampfstoff. Polygonal kristalline oder grafisch aufgelöste Freiformen, jenseits einer sicheren Orthogonalität, die sich eine eindrucksvolle Spannung von Raum und Form erkssmpfen. Dass nicht alle der 19 ausgestellten Projekte den selben Level zeigen, verdeutlicht nur das hohe Maß an zssher, gestalterischer Arbeit, das es dafür aufzuwenden gilt.
Ihre unnachgiebige Professionalität zeigen Delugan-Meissl aber in der glaubhaften Umsetzung dieser formalen Resultate, die durchaus auch von anderen Gestaltern erreicht werden. Die erkämpften gestalterischen Freiräume werden klar eingeschätzt, strategisch konzentriert genutzt und medial verwertet. Darin zeigen sie eine komplexes und faszinierendes Architekturverstssndnis. Eine Synthese von Architektur als "reiner Idee" und ihrem sinnlichem Gebrauch.

Das leichte menschliche Frösteln beim Passieren solcher großräumig und medial professionell agierender Raumschiffe ist normal. Komplexe und komplizierte Randbereiche des Bauens, wie soziale Problematiken oder ökologische Kriterien scheinen zugunsten eines "steilen Aufstiegswinkels" wie ausgeblendet. Könnte man angesichts von Oeuvre und Alter von "aufstrebendem Jungbüro" sprechen, muß man bei der zielstrebigen Unaufhaltsamkeit des Flugkörpers "Delugan-Meissl" zugestehen, dass dieses Team gerade dabei ist, die Atmosphäre regionaler Diskurse zu überwinden. Ob man hier in Ehrfurcht vor internationalem Erfolg versinkt oder weiterhin Fragen und Ansprüche an die gebauten Resultate stellt, zeigt die Substanz der eigenen Positionen.

Robert Fabach, 10.4. 2006