Dialog der Regionen

    Robert Fabach, ausfahrten, Architekturkritiker


Die Ausstellung, die bereits viermal mit regem Interesse im deutschen Bundesland Thüringen gezeigt wurde, setzt die überregionale Präsentation von Vorarlberger Architektur fort.
Nach der Vorarlberg Präsentation „Un Provocation Constructif“, die seit Juli 2003 in Frankreich in verschiedenen Städten gezeigt wird und der Tirol-Vorarlberg Anthalogie „Austria West“, die nach Mailand zur Zeit im Vorarlberger Architektur Institut gezeigt wird, bietet „Baukultur – Neue Architektur Thüringen, Junge Architektur Vorarlberg“ eine weitere Gelegenheit das regionale Phänomen in Bezug zu anderen Architektur-Szenen zu setzen.


Traditionen als Ressource und Ballast

Vorarlberg hat mit der Vorarlberger Bauschule eine historisch junge, aber lebendige und ungebrochene Baupraxis. Thüringen steht mit dem in Weimar begründeten Bauhaus an der Wurzel einer ganzen Gestaltungstradition, die trotz ihres historischen Gewichts aber immer noch gültige Lösungen hervorbringt.


Neue Generationen mit neuen Themen

Ausgestellt sind gebaute Projekte einer Planergeneration, die zumeist erst in den 90er Jahren zu bauen begonnen hat. Die eigentlichen „Vorarlberger Baukünstler“ hatten sich mit Beginn der 80er Jahre neue Bauaufgaben erschlossen und bei kräftiger Nachfrage und in hohem Tempo strikte Typologien für private, bald auch öffentliche Bauherrn umgesetzt. Heute treten hingegen verstärkt gewerbliche und private Auftraggeber in den Vordergrund, denen man sich bei steigendem Konkurrenzdruck mit erkennbarem Profil präsentiert. Einzigartigkeit, sprechende Ausdrucksformen und markante Statements sind nicht nur im Wettbewerb der Planer, sondern auch in den wirklichen Landschaften /Stadträumen von wachsender Bedeutung.

Beiden Regionen gemein ist die Suche nach regionalen Antworten auf spezifische Fragen und Probleme, die nur aus dem Kontext schlüssig vermittelt werden können. Die Bedingungen des Bauens sind grundverschieden und Vorarlberg zeigt unbestreitbare Stärken in Bautechnik und Detail, die aber nicht über den Nachholbedarf im großen Maßstab hinwegtäuschen darf.


Thüringen und Vorarlberg - Auflockerung und Verdichtung.

Beide Regionen stellen sich im Umgang mit ihren Stadt/Landschaftsräumen einer aktuellen Herausforderung. Mit unterschiedlichem Druck strebt man nach einer Aufwertung der Lebensräume durch Dichtekorrekturen.
Thüringen steht im Qualitätswettbewerb bundesdeutscher Städte und konzentriert sich nach der Wende und dem anschließenden Bauboom auf einen organisierten „Stadtumbau“, einen markanten Rückbau, der die stadträumlichen Qualitäten steigern soll.
Vorarlberg nähert sich einem Städtebild durch den schleichenden Ausbau ehemals ländlicher Strukturen. Die Bedeutung dieses Prozess wird erst schrittweise in seiner Bedeutung erkannt.
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